Körper, Seele und Geist im Einklang: Chefarzt Dr. med. Volker Draschka erläutert das ganzheitliche Behandlungskonzept der Schlossparkklinik Dirmstein. 

Der gebürtige Pfälzer blickt auf über 35 Jahre Erfahrung im psychiatrischen Umfeld zurück und steht seit 2021 als Chefarzt an der Spitze der Privaten Akutklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatischen Medizin.

Im Interview erläutert uns der Experte für Hypnoanalyse und ganzheitliche Behandlung von Traumafolgestörungen, wie psychische Gesundheit entsteht und was das Besondere am multimodalen Therapiekonzept der Schlossparkklinik Dirmstein ist.

Herr Dr. Draschka, Sie sind seit mehr als 35 Jahren in psychiatrischen Einrichtungen tätig. Was hat sich in dieser Zeit verändert?

Vor 35 Jahren schauten wir bei der Behandlung in erster Linie auf die Pathogenese und Fragen wie: „Warum erkrankt ein Mensch?“, „Was sind die Symptome einer Krankheit?“. Was in den vergangenen zehn Jahren neu hinzugekommen ist, ist der Blick auf die Salutogenese, also auf die Entstehung psychischer Gesundheit. 

Resilienz stärken, Stressresistenz erhöhen

Und wie entsteht psychische Gesundheit?

Wir haben auf der einen Seite Belastungsfaktoren, wie beruflichen oder privaten Stress. Auf der anderen Seite haben wir unsere Ressourcen: Was macht mir Spaß? Was bringt mir Energie? Wie kann ich mich erholen? Externe Stressoren lassen sich in der Regel nicht oder zumindest nicht sofort von uns beeinflussen. Was wir aber verändern können, ist unsere Fähigkeit mit Ihnen umzugehen, unsere sogenannte Resilienz.

Wie lässt sich diese Resilienz steigern?

Hierzu ist es wichtig, sich einen regelmäßigen Ausgleich zu den alltäglichen Verpflichtungen zu schaffen. Eine immense Rolle beim Erhalt der psychischen Gesundheit spielen soziale Kontakte. Ebenso verhält es sich mit Hobbies sportlicher oder auch kreativer Natur. Auch die Ernährung ist ein wesentlicher Aspekt. Nur wenn alle Faktoren wie ein gut funktionierendes Zahnrad ineinandergreifen, sind unser Körper, Geist und unsere Seele im Einklang und wir fühlen uns ausgeglichen. Genau hier setzt auch das ganzheitliche Behandlungskonzept der Schlossparkklinik Dirmstein an, welches im Grunde auf drei Säulen beruht.

Verbale, nonverbale und körperbezogene Therapie

Um welche drei Säulen handelt es sich dabei?

Die erste Säule ist die verbale Therapie, die zweite Säule bilden die nonverbalen Therapien und die dritte die körperbezogenen Therapieformen.

Was verbirgt sich dahinter? 

In den Bereich der verbalen Therapie fallen sowohl psychotherapeutische Einzelgespräche als auch Gruppensitzungen, wie beispielsweise Angstgruppen oder Ressourcengruppen. In der Schlossparkklinik Dirmstein sind wir hier mit drei Einzelgesprächen sowie mehreren Gruppensitzungen pro Woche plus Chefarzt- bzw. Oberarztgespräch im deutschlandweiten Vergleich sehr gut aufgestellt. Üblich sind in der Regel 1 bis 1,5 Einzelgespräche wöchentlich. Nur Reden reicht aber bei Weitem nicht. Insgesamt liegt der Anteil an verbalen Therapien im Behandlungsplan bei etwa einem Drittel. Die übrige Zeit der vier- bis zwölfwöchigen Behandlungsdauer entfällt auf nonverbale Therapien wie Trommel-, Gong- oder Kunsttherapie und körperbezogene Therapien, wie Yoga, Nordic Walking, Bogenschießen oder Kickbox-Therapie.

Die klassische Psychotherapie hat oft Schwierigkeiten an die Gefühle der Menschen zu gelangen

Somit fallen 2/3 der Zeit auf nonverbale bzw. körperbezogene Therapien. Wieso nehmen diese einen so hohen Stellenwert ein?

Die Psychotherapie hat den Vorteil, dass sie wissenschaftlich sehr fundiert ist: hier gibt es zahlreiche historisch gewachsene Schulen, bspw. die kognitive Verhaltenstherapie oder die tiefenpsychologischen Verfahren. Ihr großer Nachteil liegt jedoch darin, dass die meisten dieser Therapieformen eher Schwierigkeiten haben, an die Gefühle der Menschen zu gelangen. Viele psychischen Erkrankungen sind jedoch in erster Linie eine Störung auf Gefühlsebene. So zeichnet sich eine Depression dadurch aus, dass man entweder überhaupt keine Gefühlsregungen hat oder vorwiegend negative Gefühle. Hier kann man über eine Verhaltenstherapie zwar ins Gespräch kommen und auch eine Verbesserung erzielen, jedoch gelingt dies mit den nonverbalen Therapien wesentlich besser. Diese eignen sich ganz hervorragend als Türöffner zu verdrängten Emotionen. Bei der ersten Musiktherapiesitzung fließen meistens die Tränen. Das ist völlig normal bei uns. Ich sage immer, wer aus der Schlossparkklinik nach Hause entlassen wird und nicht geweint hat, der hat auch keine Therapie gemacht.

Und die körperbezogenen Therapien? Welche Funktion übernimmt diese Gruppe?

Auch sie übernehmen eine tragende Rolle im ganzheitlichen Therapiekonzept. Beim Kickboxen beispielsweise kommen die meisten unserer Patienten an ihre Wut heran. Unterdrückte Wut ist ein nicht zu unterschätzender Faktor im Rahmen der Behandlung von psychischen Erkrankungen.

Muss jeder Patient alle nonverbalen und körperbezogenen Therapien besuchen?

Nein, das wäre allein von der Menge her schon nicht zu schaffen. Wir verfolgen in der Schlossparkklinik ein hoch individualisiertes Therapiekonzept: Die erste Woche gilt der Eingewöhnung und bietet den Patienten die Möglichkeit in die einzelnen Therapiearten reinzuschnuppern. In der zweiten Woche wird ein individueller – wöchentlich anpassbarer – Therapieplan erstellt. Die jeweilige Zusammensetzung ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich und richtet sich nach den jeweiligen Bedürfnissen. Einen Tipp hätte ich diesbezüglich jedoch: Wenn Ihnen eine Therapieform tief im Inneren Bauchweh verursacht und Sie einen Widerstand verspüren, gehen Sie genau dort hin! Widerstand ist der erste Schritt in Richtung Veränderung und genau die ist in der Psychotherapie ja unser Ziel.

Wie lange dauert es etwa, bis bei den meisten Patienten eine solche Veränderung eintritt und wie viele therapeutische Einheiten stehen täglich auf dem Stundenplan?

Die meisten Therapieformen zeigen ab der zweiten, dritten Woche ihre Wirkung. Bis tiefsitzende Emotionen an die Oberfläche kommen, benötigt es in der Regel ca. drei bis fünf Sitzungen. Unsere Patienten haben täglich etwa fünf bis sechs Stunden Therapie. Der Rest des Tages ist jedoch nicht etwa therapiefreie Zeit, sondern ein weiterer Wirkungsfaktor unseres multimodalen Behandlungskonzepts. In dieser Zeit passieren wichtige soziale Dinge, wie Gespräche mit Mitpatienten, Ausflüge, oder Spieleabende, auf der Ressourcenseite.

Ressourcen und Belastungen müssen sich die Waage halten

Was raten Sie Ihren Patienten nach der Entlassung?

Sowohl ihre Belastungsseite als auch die Ressourcenseite genau im Blick zu behalten. Natürlich gibt es gerade auf der Belastungsseite Faktoren, die sich nicht oder zumindest nicht unmittelbar verändern lassen, zum Beispiel beruflicher Stress. Dann ist es umso wichtiger an den Schräubchen der Ressourcenseite nachzujustieren und sich einen entsprechenden Gegenpol zu suchen. Hier in der Klinik haben unsere Patienten 24 Stunden am Tag Zeit, sich nur mit sich selbst zu beschäftigen. Das ist ein Luxus, den man im Alltag nicht hat. Aber sich dennoch Zeit für sich selbst zu nehmen, lohnt sich in jedem Fall. Denn je mehr positive Dinge wir in unserem Leben haben, aus denen wir Kraft zehren können, desto stressresistenter und leistungsfähiger können wir letzten Endes agieren, beruflich wie privat. 

Herr Dr. Draschka, vielen Dank für das Interview!