Genesung aus dem Burnout – Hinweise für Angehörige
„Meine Güte, bist Du heute dünnheutig.“ meckerte die Schwiegermutter beim Kaffeetrinken herum. „Ich hab ja nur gesagt, dass Du Dich mal langsam wieder fangen sollst, damit ihr wieder normal leben könnt. Kann ja nicht sein, dass jetzt alles an Eddie hängen bleibt.“ – „Es reicht, Mama!“ widersprach Eddie und stellte sich nicht nur verbal, sondern auch körperlich unterstützend hinter seine Frau. „Burnout ist eine Erkrankung. Da hast Du nicht zu entscheiden, wann Regina wieder gesund sein müsste.“
Während die Schwiegermutter brüskiert ihre Jacke nahm und verschwand, nahm Eduard die inzwischen weinende Regina in den Arm. „Hey, ich bin da. Lass sie einfach reden.“ Er schob sie sanft von seiner Brust. Eddie sah Regina die Schuldgefühle an. „Es tut mir leid, dass ich sie vertrieben habe.“ sagte sie leise. Doch er schüttelte den Kopf. „Du weißt doch, wie sie ist. Ihr fehlt der Mittelpunkt im Scheinwerferlicht – aber den kriegt sie erst mal nicht, weil Du jetzt mein Mittelpunkt bist.“ Noch immer unter Tränen war ein kurzes Auflachen zu vernehmen. „Na, geht doch.“ er zwinkerte Regina aufmunternd zu. „Und jetzt haben wir den Rest des Sonntags sogar ganz für uns allein. Also hast Du uns sogar einen Gefallen getan. Herrlich, findest Du nicht?“
Einfluss der Erkrankung auf die Angehörigen nicht unterschätzen
Wenn Menschen von Burnout betroffen sind, wächst auch der Leidensdruck für die Angehörigen – diese reagieren leider nicht immer mit Verständnis, da sich rund um das Spektrum der psychischen Erkrankungen und ihre Erscheinungsbilder viele Missverständnisse finden. Die Erkrankung ist zudem unsichtbar und die ersten Anzeichen oft nur durch die gute Kenntnis der Persönlichkeit des Gegenübers ersichtlich.
Dennoch sind es zumeist Familienmitglieder wie der Partner, die Kinder, enge Freunde oder Kollegen, welche die Anzeichen für einen Burnout zuerst wahrnehmen. Mitunter sind auch gerade die Angehörigen diejenigen, die den richtigen Anstoß für eine gute Burnout-Behandlung geben. Doch nicht nur das Erkennen eines Burnouts und die Unterstützung des Erkrankten, sich professionelle Hilfe zu holen sind wichtig. Der richtige Umgang mit der Erkrankung will auch von den Angehörigen gelernt sein.
Maßgeblich für einen guten Umgang miteinander sind einerseits das Krankheitseingeständnis des Betroffenen, aber auch das Krankheitszugeständnis durch die Angehörigen. Mit einem Burnout gehen auf Seiten des Erkrankten oft Gefühle von mangelnder Leistungsfähigkeit, von Frust und einem Schuldgefühl über die Gesamtsituation und die Belastung der Angehörigen einher. Entsprechend sollten Sie als Angehörige den Betroffenen zwar in seiner Genesung fördern, ihn jedoch nicht überfordern. Hilfe zur Selbsthilfe ist dabei stets besser als die dauerhafte Rücksichtnahme auf den Erkrankten. Nicht zuletzt spielt die Selbstfürsorge für den Angehörigen eine wichtige Rolle, um im Rahmen des Genesungsprozesses nicht selbst in einer Überlastungsspirale zu geraten.
Unsere Tipps für Angehörige im Umgang mit Burnout-Betroffenen:
Stehen Sie dem Angehörigen für Gespräche zur Verfügung, aber erdrücken Sie ihn nicht mit Ratschlägen. Bedenken Sie „auch Ratschläge sind Schläge“, die den Selbstdruck des Erkrankten erhöhen. Schreiten Sie bei Bedarf unterstützend ein, wenn Menschen ohne Verständnis für die Erkrankungssituation übergriffig werden.
Zeigen Sie Verständnis für die Situation, aber machen Sie ihm die Krankheitssituation nicht zu leicht. Wenn Sie ihrem Angehörigen alles abnehmen, kann sich einerseits das Gefühl der Unfähigkeit, selbständig für sich zu sorgen, verstärken, andererseits besteht die Gefahr, dass sich der Erkrankte in der Position des Umsorgten zu sehr einrichtet und weniger aktiv an Veränderungen arbeitet. Der Facharzt spricht dabei vom „sekundären Krankheitsgewinn“.
Als verständnisvoller Zuhörer zur Verfügung zu stehen, bedeutet nicht, dass Sie die Arbeit des Therapeuten übernehmen können. Differenzieren Sie Gespräche rund um die Gedanken und Sorgen des Erkrankten vom professionellen Hilfebedarf. Bieten Sie statt dessen Unterstützung bei der Arzt- und Therapeutensuche, Begleitung zu den Terminen oder die Förderung der Inanspruchnahme von Selbsthilfegruppen. Bei der Äußerung von suizidalen Gedanken sollten Sie aktiv den behandelnden Arzt informieren.
Je nach Schwere des Burnouts sind Betroffene nicht mehr oder nur noch in Teilen in der Lage, dem normalen Tagesablauf zu folgen und alltägliche Aufgaben zu erledigen. Respektieren Sie Gefühle von Hilflosigkeit, Abgeschlagenheit und mangelnde Konzentration, geben Sie Hilfestellung, nehmen Sie dem Erkrankten jedoch nicht die Eigenständigkeit und die Selbstverantwortung. Es ist für den Erkrankten besser, in kleinen Schritten voranzugehen, weshalb ihm kein Druck gemacht werden sollte.
Stimmungsschwankungen, Interesselosigkeit und Lustlosigkeit gehen häufig mit Burnout einher. Nehmen Sie das Verhalten des Erkrankten keinesfalls persönlich. Lassen Sie sich bei aggressiver und gereizter Stimmung nicht auf Diskussionen und Schuldzuweisungen ein. Ziehen Sie sich in solchen Fällen möglichst zurück.
Und vor allem:
Sensibilisieren Sie sich für Ihr eigenes Wohl und achten Sie auf Ihre persönlichen Bedürfnisse. Richten Sie sich regelmäßige Zeiten ein, in denen Sie Abstand vom Erkrankten nehmen und sich mit Menschen und Tätigkeiten beschäftigen, die Ihnen guttun. Die Unterstützung eines Menschen mit einer psychischen Erkrankung ist anstrengend und kraftraubend. Um nicht selbst am Ende ausgelaugt zu sein, ist dieser Ausgleich für das eigene Wohl wichtig. Nehmen Sie auch selbst Hilfsangebote wahr, die von Therapeuten oder Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe speziell auf die Bedürfnisse von Angehörigen psychischer Erkrankungen angeboten werden.