Hartnäckig hält sich die Vorstellung, Schlaf sei verschwendete Zeit und mindere die Produktivität. Das Bild des Leistungsträgers, der hart arbeitet, anstatt zu schlafen, ist gesellschaftlich seit langem akzeptiert. Warum diese Sichtweise überdacht werden sollte, lesen Sie hier.
Wer wenig schläft, gilt als jemand, der sich voll reinhängt, bis in die Nacht Akten wälzt und morgens als erster am Schreibtisch sitzt. Dieses Verhalten wird vom Umfeld anerkannt, man wird als produktiv wahrgenommen und als jemand, der etwas leistet.
Mancher denkt, eine Stunde weniger Schlaf bedeute eine Stunde mehr Arbeitsleistung. Doch das ist ein Trugschluss: Diese Stunde wird teuer bezahlt – mit weniger Effizienz und nachlassendem Fokus. Denn Müdigkeit mindert die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses und selbst Aufputschmittel wie Kaffee oder Cola helfen dagegen nur wenig.
Auf Dauer kostet das einen hohen Preis: Das volle Potenzial kann wegen des Schlafmangels nicht mehr abgerufen werden, was wiederum auf lange Sicht sogar krank machen kann. Betroffene bemerken es oft erst nicht, da ihnen der Alltag im Modus mit angezogener Handbremse längst zur Gewohnheit geworden ist. Ständige Müdigkeit den ganzen Tag über erscheint ihnen normal und sie haben sich damit arrangiert.
Schlafend das Erinnerungsvermögen stärken
Viele ahnen gar nicht, zu welchen Leistungen sie fähig sind, wenn sie ausgeruht in den Tag starten. Dabei erfüllt Schlaf weit mehr Funktionen als bloße Regeneration. Während des Schlafs, insbesondere in den Tiefschlafphasen und während des REM-Schlafs (Rapid Eye Movement) verarbeitet das Gehirn wichtige Informationen des Tages. Laut der Division of Sleep Medicine der Harvard Medical School fördert Schlaf die Übertragung von Informationen vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis, was dazu führt, dass man sich besser an Lerninhalte und Erfahrungen erinnert. Menschen, die nach dem Lernen schlafen, profitieren demnach von besseren Erinnerungsleistungen und Problemlösungsfähigkeiten. Es kann also sinnvoll sein, seine Weiterbildung in die Abendstunden zu legen oder vor dem Schlafengehen wichtige Punkte für die nächste Präsentation durchzugehen.
Schlafend Probleme lösen
Im Schlaf Probleme lösen? Das ist kein Schlafmythos, sondern das ist möglich – vor allem in der REM-Schlafphase. Träume können laut University of California in San Diego dabei helfen, neue Verbindungen zwischen Informationen herzustellen, was kreative Ideen und innovative Problemlösungen begünstigt. Das Gehirn arbeitet an ungelösten Problemen, die während des Tages bewusst oder unbewusst wahrgenommen wurden, während des Schlafes weiter. Studien, wie etwa vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), zeigen, dass Menschen oft mit einer klareren Perspektive oder sogar einer Lösung für ein Problem aufwachen, das sie zuvor beschäftigt hat. Denn: Das Gehirn ist in der Lage, während man schläft komplexe Informationen zu reorganisieren.
Schlafend Entscheidungen treffen
Schlaf unterstützt die emotionale Regulation und Resilienz, die eng mit Produktivität und Entscheidungsfindung verbunden sind. Ausreichend Schlaf hilft laut Journal of Neuroscience dabei, Stress abzubauen und emotionale Reaktionen zu regulieren. Das unterstützt die Leistungsfähigkeit und die Fähigkeit, klar zu denken und angemessen zu reagieren.
Auch bei der Reparatur und Reinigung des Gehirns von sogenannten Stoffwechselabfällen, die sich während des Tages ansammeln, spielt Schlaf eine wichtige Rolle. Schlaf unterstützt das glymphatische System, das für die Beseitigung von Toxinen zuständig ist. Diese Reinigungsprozesse sind entscheidend für kognitive Funktionen und somit auch für langfristige Produktivität. Auch Tagträume können übrigens die Produktivität steigern. Laut des Department of Psychology der Stanford University können Tagträume und Visualisierungen während der Leichtschlafphase helfen, kreative und emotionale Probleme zu lösen und ein positiveres Mindset zu fördern. Mit gezielten Entspannungs- und Visualisierungsübungen, auch „Mind-Wandering“ genannt, kann man sich demnach auf kognitive Herausforderungen vorbereiten.
Fazit: Schlaf ist keine verlorene Zeit. Wer sich ihm entzieht, büßt an Leistung ein. Effiziente Arbeit setzt Erholung voraus. Wer produktiv sein will, nutzt die Kraft des Schlafs gezielt.