Infos vorenthalten, Kollegen beschuldigen, Ergebnisse schlecht reden, Zweifel säen: In der Berufswelt blockieren Gaslighter gezielt und methodisch Arbeitstempo, Arbeitsqualität und Arbeitsleistung ihrer Opfer. Diese zweifeln immer mehr an sich und brechen irgendwann unter dem psychischen Druck zusammen.
Gaslighting ist eine Art der psychischen Manipulation, mit der Täter die Realitätswahrnehmung und das Selbstbewusstsein ihrer Opfer angreifen und zerstören. Der Begriff geht zurück auf das Theaterstück “Gas Light” von 1938, das in den 1940ern auch verfilmt wurde. Darin treibt ein Mann seine Frau systematisch in den Wahnsinn, indem er behauptet, Dinge nicht zu sehen, die sie wahrnimmt. So dreht er etwa heimlich das Gaslicht herunter und sagt ihr, dass sie sich das Flackern des Lichts nur einbilde. Aus dieser Manipulationstaktik, die als psychischer Missbrauch gilt, entstand in den 60er Jahren der psychologische Fachbegriff Gaslighting.
Fast die Hälfte der Erwachsenen erlebte schon Gaslighting
Diese Fakten verdeutlichen die Auswirkungen von Gaslighting: 48,4 Prozent der Erwachsenen erlebten laut worldmetrics.org im Laufe ihres Lebens bereits Gaslighting. 87 Prozent der manipulierten Opfer berichten von anhaltenden psychischen Belastungen. In schweren Fällen können Gaslighting-Opfer auch Symptome einer posttraumatiscen Belastungsstöruung (PTBS) entwickeln. Laut einem im Oktober 2023 veröffentlichten Artikel im EPRA International Journal of Multidisciplinary Research (IJMR) empfinden 68 Prozent der Opfer Schuld- und Selbstzweifel. 77 Prozent der Betroffenen entwickeln Angstzustände, so Psychology Today.
Taktiken und Verhaltensweisen von Gaslightern am Arbeitsplatz
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Unterhaltungen oder Abstimmungen falsch wiedergeben
Der Gaslighter legt einem Kollegen Worte in den Mund, die dieser nie gesagt hat, oder enthält Besprochenes bewusst vor: „Das bilden Sie sich ein.“ „Das haben Sie falsch verstanden.“ Oder auch: „Natürlich habe ich das erwähnt, dann haben Sie es wohl vergessen!“ „Natürlich habe ich Sie darüber informiert. Haben Sie das etwa schon wieder vergessen?“ Noch schlimmer wird es, wenn Gaslighter vorgeben, ein Termin oder Gespräch hätte nicht stattgefunden, obwohl der Betroffene selbst dabei war.
Passwörter, Zugänge, Schreibtisch: Vertrautes ist plötzlich fremd
Der Gaslighter ändert beispielsweise immer wieder heimlich das Passwort des Opfers. Diesem wird suggeriert, es könne sich nicht mal das eigene Passwort nicht merken. Wer häufig sein Passwort vergisst, wirkt inkompetent und schusselig. Ganz abgesehen von der Verunsicherung kann der Mitarbeiter nicht pünktlich mit der Arbeit beginnen und verpasst so unter Umständen sogar wichtige Termine. Eine andere Taktik: Der Täter verändert Dinge am Arbeitsplatz, um das Opfer gezielt in den Wahnsinn zu treiben. Er stellt Utensilien um oder versteckt Arbeitsmaterialien. „Ich bin sicher, dass ich das Handy auf meinen Schreibtisch gelegt habe.“
Ignorieren oder Abwerten von Problemen
„Das kann nicht sein, schließlich habe ich es selbst überprüft.“ „Was ist denn jetzt schon wieder?“ „Das klingt wirklich verrückt – merkst du selbst, oder?“ „Das habe ich so nie gesagt!“
Ständiges Bemängeln von Kleinigkeiten
Dabei tut der Gaslighter zum Beispiel auch so, als würden alle im Team so denken: „Unseren Dresscode hast du immer noch nicht verstanden, oder?“ „Alle anderen verstehen dich auch nicht.“ „Wenn wir dir nicht immer wieder aus der Patsche helfen würden, hättest du schon längst eine Abmahnung bekommen.“ „Warum bist du schon wieder so überempfindlich?“ „Schiebe deine Fehler bitte nicht anderen in die Schuhe.“ „Hast du zu Hause so was wie Anstand gelernt?“
Zweifel zerfressen das Selbstvertrauen
Wird ein Schuldiger für einen Fehler oder ein Problem gesucht, reden die Täter so lange auf ihre Opfer ein, bis diese am Ende selbst glauben, dafür verantwortlich zu sein. Gaslighter untergraben auch das Vertrauensverhältnis zu Kollegen aber auch zu Freunden und Familie, beispielsweise indem sie vermeintliche Beweise erfinden.
Das Perfide: Gegenüber anderen Personen ist der Gaslighter stets freundlich und zuvorkommend, nur dem Opfer zeigt er nach einiger Zeit sein wahres Gesicht. Auch Vorgesetzte können Gaslighter sein, beispielsweise übertragen sie dem Betroffenen Aufgaben und behaupten später, dass diese Aufträge gar nicht existieren.
Folgen von Gaslighting: Versagensängste, Schlaflosigkeit, Depressionen
Gaslighting verunsichert Betroffene massiv. Es führt zu Verwirrung, Angst und Selbstzweifeln. Wer ständig an sich selbst zweifelt und seine Kompetenz hinterfragt, arbeitet langsamer und weniger zielstrebig. Die Angst vor dem Versagen wird immer größer. Arbeiten gelingt immer schlechter und auch die Motivation bekommt einen massiven Dämpfer. Durch die systematische Zermürbungstaktik sinkt das Selbstwertgefühl des Opfers. Es fühlt sich isoliert, kann anderen nicht mehr vertrauen – nicht einmal der eigenen Familie. Angstzustände, Depressionen bis hin zur Suizidgefahr sind häufige Begleiterscheinungen von Gaslighting-Opfern. Der chronische Stress manifestiert sich häufig auch in körperlichen Beschwerden wie Schlaflosigkeit und Magenschmerzen. Eine lang andauernde Gaslighting-Erfahrung können viele Betroffene nicht selbst verarbeiten. Oft muss das Erlebte in einer Psychotherapie aufgearbeitet werden. Erst dann können sie wieder ein selbstbestimmtes Leben führen, sich selbst und anderen vertrauen. Eine lang andauernde Gaslighting-Erfahrung können viele Betroffene nicht selbst verarbeiten. Oft muss das Erlebte in einer Psychotherapie aufgearbeitet werden. Erst dann können sie wieder ein selbstbestimmtes Leben führen, sich selbst und anderen vertrauen.
Zielgerichtet gegen Gaslighting vorgehen, beruflichen Erfolg zurückgewinnen
Weil Gaslighting oft im Verborgenen geschieht und sich aus vielen kleinen Sticheleien speist, ist es oft schwer, dagegen anzukommen. Im ersten Schritt ist es daher für Betroffene wichtig, den Gaslighter als Täter zu identifizieren. Dann können Opfer gezielt Beweise für das Verhalten sammeln. Wenn möglich, ist ein Kontaktabbruch der schnellste und leichteste Weg. Das ist im Berufsleben jedoch in den seltensten Fällen möglich. Betroffene können sich zunächst auch krankschreiben lassen. So gewinnen sie Zeit, können sich Hilfe holen und überlegen, welche Schritte sie jetzt gehen können. In vielen Fällen ist ein Jobwechsel die einzige Möglichkeit, genügend Abstand zum Täter und einen Neuanfang zu erreichen. Besteht die Chance, das Gaslighting nachzuweisen, sollte in jedem Fall Strafantrag gegen den Täter gestellt werden. Beweise können etwa ein Screenshot von einem aktuellen Stand bei Feierabend sein, eine schriftliche Arbeitsanweisung, die gespeichert wird oder ein Gesprächsprotokoll sein. Wer den Verdacht hat, dass jemand die eigenen Mails löscht und Termine verlegt, kann anhand einer eigenen Dokumentation schriftliche Nachweise sichern und später der Polizei vorlegen.