Wenn der Sommerurlaub zur Depressionsfalle wird

Die Sonne scheint, das Thermometer klettert über die 25-Grad-Marke, Kinderlachen schallt von draußen durch die geöffneten Fenster und Sie liegen gefühlt seit Wochen depressiv auf der Couch? Dann leiden Sie eventuell wie etwa vier bis sechs Prozent der Menschen an einer Sommerdepression. [1]

Besonders Frauen betroffen

Insbesondere Frauen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren sind von dieser Form der saisonal abhängigen Depression – dem Pendant zur sogenannten Winterdepression – betroffen. Der Grund: Das weibliche Hormonsystem ist deutlich komplexer als das männliche und deshalb anfälliger für Schwankungen. Eine weitere Risikogruppe bilden Personen, die an einer bipolaren Störung leiden: sie weisen generell häufiger eine saisonale Bindung auf als bspw. solche, die an einer unipolaren Depression leiden.

Symptome: Wie äußert sich die Sommerdepression?

Sowohl die Winter- als auch die Sommerdepression äußert sich durch die typischen depressiven Symptome. Hierzu zählen beispielsweise Antriebslosigkeit, Verlust von Freude und Interessen, depressive Stimmung, Veränderungen im Essverhalten, Schlafstörungen oder innere Unruhe. Während es im Zuge einer Winterdepression meist zu einem erhöhten Schlafbedürfnis, gesteigertem Appetit nach Süßem und daraus resultierender Gewichtszunahme kommt, fühlen sich Menschen mit Sommerdepression eher unruhig und leiden unter Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Halten diese Symptome über mehrere Wochen an und besteht die jahreszeitliche Symptomatik seit mindestens zwei Jahren, so spricht man von einer saisonal abhängigen Depression (SAD). Während die Winterdepression bereits gut erforscht ist und somit meist auch zuverlässig diagnostiziert wird, stecken die Forschungen zur Sommerdepression dagegen noch in den Kinderschuhen. Von den wenigen vorhandenen Studien stammen die meisten aus den 1990ern oder frühen 2000ern und wurden seitdem nicht aktualisiert oder neu aufgegriffen. Da die Erkrankung zudem eher selten ist, bleibt sie häufig unerkannt.[2] Und leider auch oft unverstanden.

Schlechte Laune im Sommer? Ein No-go!

Der Sommer ist der Deutschen liebste Jahreszeit: mit 44 Prozent liegt er ganz klar auf der Pole Position.

Es ist also beinahe gesellschaftlicher Konsens, die warme Jahreszeit zu feiern. Sobald die Sonne strahlt und die Temperaturen steigen, sollte das auch die Laune tun. Für die Betroffenen einer Sommerdepression macht es diese Tatsache umso schwerer. Während im Winter die meisten Verständnis für eine saisonale Depression aufbringen können – mit nur sieben Prozent bildet er das Schlusslicht auf der Beliebtheitsskala – stößt man mit einer Sommerdepression leider nicht selten auf Unverständnis. 

Wie entsteht eine Sommerdepression?

Ein Teufelskreis, weil soziale Normen sich oft subtil auf unser Wohlbefinden auswirken. Verspürt man im Winter, wo es draußen ungemütlich und kalt ist, keine große Lust auf Gesellschaft, haben die meisten dafür Verständnis. Im Sommer dagegen, wird erwartet, dass man an sozialen Aktivitäten teilnimmt. Hier ein Grillfest, da eine Gartenparty. Kapselt man sich davon ab, wird man schnell abgestempelt. Doch genau dieses Unverständnis, lässt die Betroffenen weiter in eine Abwärtsspirale driften: Die Erwartungshaltung, man müsse im Sommer genauso glücklich sein, wie alle anderen, baut einen enormen Druck auf. Und der sorgt dafür, dass wir uns alles andere als glücklich fühlen.

Während die winterliche SAD-Variante in erster Linie durch den Lichtmangel ausgelöst wird, ist eine Sommerdepression vermutlich auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Ein möglicher Auslöser für hormonelle Stimmungsschwankungen könnte die veränderte körpereigene Melatoninproduktion sein. Wenn die Tage länger werden, produziert unsere Zwiebeldrüse geringere Mengen des Botenstoffs, der uns müde werden lässt. Die Folge können Störungen im Schlaf-Wach-Rhythmus sein. Auch Umweltfaktoren wie hohe Temperaturen, Feuchtigkeit und hohe Pollenbelastung zählen zu den möglichen Ursachen.

Was hilft gegen Sommerdepression?

Während bei einer Winterdepression gute Erfolge mit einer sogenannten Lichttherapie erzielt werden können, erfolgt die Behandlung einer Sommerdepression analog zu einer herkömmlichen Depression. Sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder einem Psychiater über Ihre Problematik. Sie können einschätzen, ob ggfls. die temporäre Einnahme von Antidepressiva erforderlich sein oder eine Psychotherapie Abhilfe schaffen kann. 

Auch Sie selbst können bereits einiges für Ihr Wohlbefinden tun:

  • Achten Sie auf eine geordnete Tagesstruktur und einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus.
  • Bleiben Sie aktiv und treiben Sie regelmäßig Sport
  • Ernähren Sie sich gesund, ausgewogen und im Idealfall zu festen Uhrzeiten. Das stärkt die Darmflora.
  • Trinken Sie viel Wasser.
  • Igeln Sie sich nicht ein. Versuchen Sie soziale Kontakte aufrecht zu halten. Ist man erst einmal sozial isoliert, ist es schwer, wieder Anschluss zu finden. 
  • Setzen Sie sich nicht unter Druck: Es ist vollkommen in Ordnung bei strahlendem Sonnenschein auch mal auf der Couch vor dem Fernseher zu sitzen. 

Fazit

Ob Sie nun an einer Sommer- oder Winterdepression leiden, sprechen Sie mit Freunden oder der Familie und suchen Sie sich professionelle Hilfe. Es gibt keinen Grund sich zu verstecken. Depressionen können mittlerweile sehr gut – sei es medikamentös oder via Psychotherapie – behandelt werden. 


[1] https://www.medunigraz.at/news/detail/sommerdepression-wenn-die-psyche-im-sommer-streikt

[2] https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2020/09/summertime-sadness-das-mysterium-der-sommerdepression