In vielen Unternehmen gilt nach wie vor das Recht des Stärkeren…Unfair!?! Durchaus, darüber hinaus aber auch ganz schön teuer.

Mehr als 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland (weltweit 20 Prozent2) war mindestens einmal im Leben am Arbeitsplatz von Mobbing betroffen1. Die Folgen: Depressionen, Suizidgedanken und Angst auf Arbeitnehmerseite – aus Arbeitgeberperspektive drohen dagegen Qualitätsmängel, Fluktuation, Imageschäden bei Kunden und der Öffentlichkeit sowie lange Krankheitsausfälle. Mitarbeiter, die über einen längeren Zeitraum den Launen von Vorgesetzten und Kollegen ausgesetzt sind, resignieren, werden mutlos, und erleiden nicht selten psychosomatische Beschwerden, eine Depression oder einen Burnout.

Neben dem menschlichen Leid entstehen durch Mobbing wirtschaftlich wie gesellschaftlich hohe Kosten: einem Unternehmen entstehen pro gemobbter Person Kosten in Höhe von 15.000 bis 50.000 Euro pro Jahr. Bei jährlich über 1  Mio. gemobbter Deutscher, beziffert Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den mobbingbedingten betriebswirtschaftlichen Schaden auf jährlich bis zu 25 Mrd. Euro. Der volkswirtschaftliche Schaden (Behandlungskosten, Erwerbsunfähigkeit, Frühverrentung etc.) wird auf bis zu 80 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt.

Grund genug also für Unternehmen und Führungskräfte aktiv gegen Mobbing im Unternehmen vorzugehen.

Was ist Mobbing?

Der Begriff Mobbing umfasst das systematische Schikanieren, Benachteiligen, Beleidigen oder Ausgrenzen eines Mitarbeiters durch Vorgesetzte oder Kollegen über einen längeren Zeitraum. Mobbing kann dabei von einzelnen Personen oder ganzen Gruppen ausgehen und sich auf der Arbeitsebene, der sozialen Ebene oder auf beiden Ebenen abspielen.

Wer auf der Arbeitsebene mobbt, zweifelt die Fähigkeiten der gemobbten Person an, übt unsachliche Kritik an ihrer Arbeit, ordnet sinnlose oder kränkende Tätigkeiten an, verschweigt wichtige Informationen oder manipuliert sogar Arbeitsergebnisse.

Wer auf der sozialen Ebene mobbt, der behandelt die gemobbte Person wie Luft, und beleidigt, belästigt, diskriminiert oder verleumdet sie.

Wird nicht früh und entschlossen gegengesteuert, läuft Mobbing am Arbeitsplatz meist in vier Phasen ab:

  1. Im Rahmen eines Konfliktes kommt es zu Schuldzuweisungen und ersten persönlichen Angriffen.
  2. Die betroffene Person wird immer häufiger schikaniert und ausgegrenzt. Dies führt zu einem Verlust des Selbstwertgefühls.
  3. Die gemobbte Person ist verunsichert und verängstigt und kann sich nicht mehr konzentrieren. Sie macht häufiger Fehler. In der Folge kommt es zu arbeitsrechtlichen Sanktionen wie z.B. Abmahnung, Versetzung oder Kündigungsdrohung.
  4. Die gemobbte Person gibt auf: Sie kündigt, wird gekündigt oder willigt in einen Auflösungsvertrag ein. Die Mobbenden haben ihr Ziel erreicht.

Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht

In Deutschland gibt es – anders als in Schweden, Finnland oder Frankreich kein „Anti-Mobbing-Gesetz“ und keine speziellen gesetzlichen Regelungen. Daher muss, im Falle einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung, auf allgemeingültige Rechtsnormen zurückgegriffen werden. 

Eine gesetzlich geregelte Rechtspflicht ist dagegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 241 BGB & nach § 75 Abs. 2 BetrVG). Sie verfolgt das Ziel, ein angemessenes Maß an Schutz und Rücksichtnahme durchzusetzen und beinhaltet auch aktive Deeskalations-Maßnahmen, wie Konfliktlösung, Mediation oder Interessenvertretung. Gleichzeitig sind Arbeitgeber verpflichtet, zunächst den Sachverhalt objektiv zu betrachten. Bevor über Opfer und Täterrollen entschieden wird, sind Plausibilitätskontrollen sowie eine anknüpfende psychische Gefährdungsbeurteilung notwendig. Ist ein Betriebsrat vorhanden, geschieht die Beurteilung in gemeinsamer Absprache. Nur so lässt sich valide prüfen, ob dies tatsächlich ein Fall von Mobbing ist oder Angestellte zu Unrecht beschuldigt werden. Handelt es sich um Mobbing, sind Maßnahmen zu ergreifen.

Verletzt der Arbeitgeber diese Pflicht, indem Mobbing im Unternehmen nicht unterbindet, kann er haftbar gemacht werden: Betroffene Arbeitsnehmer können unter Umständen auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld klagen und sind zudem ggfls. berechtigt, das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen und vom Arbeitgeber eine Abfindung zu erhalten. Oft enden viele Verfahren jedoch wegen Mangel an Beweisen in geringfügigen Vergleichen oder werden abgewiesen.

Im Kampf gegen Mobbing sind die Führungskräfte gefragt

Sollten Missverständnisse zum Mobbing geführt haben, können diese durch angemessene Führung frühzeitig aus dem Weg geräumt werden. Als Teamleiter oder Führungskraft sind Sie verantwortlich, ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen und Mobbing so aktiv zu unterbinden:

  • Mobbing erkennen:
    Wer Mobbing aktiv bekämpfen möchte, muss diese zunächst erkennen: Achten Sie als Teamleiter daher auf Verhaltensweisen, die auf Mobbing hinweisen, wie beispielsweise, Isolation einzelner Teammitglieder, Schikane, Spott oder Demütigungen, Ausgrenzung oder gezielte Benachteiligung.
  • Etablierung einer offenen Kommunikationskultur:
    Hören Sie Ihren Teammitgliedern zu und vermitteln Sie Ihnen das Gefühl, wertgeschätzt und gehört zu werden. Halten Sie wenn möglich regelmäßig Teammeetings ab, um über Probleme und Sorgen zu sprechen. 
  • Bildung und Sensibilisierung:
    Sensibilisieren Sie Ihr Team für die negativen Auswirkungen von Mobbing und implementieren Sie Schulungen für angemessenes Verhalten am Arbeitsplatz.
  • Konfliktlösung und Mediation:
    Als Teamleiter sollten Sie in der Lage sein, Konflikte konstruktiv zu lösen und Mobbing-Opfern Unterstützung zu bieten. Bieten Sie Mediation zwischen den beteiligten Parteien an und ermutigen Sie dazu, Probleme offen anzusprechen. 
  • Führung durch Vorbild:
    Als Führungskräfte sollten Sie selbst ein Vorbild für angemessenes Verhalten am Arbeitsplatz sein. Behandeln Sie alle Teammitglieder respektvoll und fair und zeigen Sie, dass Mobbing kein akzeptables Verhalten ist. Ein positives Führungs-Vorbild fördert eine Kultur der Zusammenarbeit und des Respekts.
  • Mitarbeiterbindung und Teambildung:
    Teambuilding-Aktivitäten und Events können dazu beitragen, die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den Teammitgliedern zu fördern. 
  • Unterstützung und Ressourcen Mobbing-Opfer:
    Stellen Sie sicher, dass Mobbing-Opfer wissen, wo sie Hilfe und Unterstützung finden können. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über interne und externe Ressourcen, wie etwa Beratungsdienste, Personalabteilung oder Anti-Mobbing-Hotlines. Ermutigen Sie Ihre Teammitglieder, diese Ressourcen bei Bedarf in Anspruch zu nehmen.

Häufig reichen die oben beschriebenen Deeskalationsmaßnahmen nicht aus, weshalb es zeitgleich Konsequenzen geben muss. Wichtig: Diese müssen verhältnismäßig sein! So können Arbeitgeber einmaliges Mobbing beispielsweise mit einer Abmahnung ahnden. Findet das Mobbing wiederholt statt, ist eine Versetzung möglich. Sollte noch immer keine Einsicht vorhanden sein, kann sogar die fristlose Kündigung drohen.

Welche Maßnahme greift, ist ohne Regelung situativ zu beurteilen. Um ein klares Zeichen gegen Mobbing zu setzen, kann es daher sinnvoll sein, bereits im Vorfeld Sanktionen klar festzulegen:

  • Anti-Mobbing-Richtlinien:
    Implementieren Sie klare Richtlinien gegen Mobbing und verdeutlichen Sie, dass solches Verhalten in Ihrem Team nicht toleriert wird. Diese Richtlinien sollten: Mobbing definieren und Beispielen enthalten, Sanktionen für Täter festlegen und Verfahren zur Meldung und Untersuchung von Mobbing-Vorfällen vorschreiben.
  • Monitoring und Evaluation:
    Überwachen Sie die Fortschritte und Erfolge Ihrer Anti-Mobbing-Maßnahmen regelmäßig. Evaluieren Sie ihre Wirksamkeit und passen Sie sie bei Bedarf an. 

Was Mobbing-Opfer tun sollten

Wenn Sie sich gemobbt fühlen, sollten Sie so schnell wie möglich reagieren. Je länger Sie warten, desto mehr verselbstständigt sich das Geschehen und desto schwieriger ist es zu stoppen. Wenden Sie sich an Kollegen oder Vorgesetzte, denen Sie vertrauen und, sofern vorhanden, an den Personal- oder Betriebsrat. Gemeinsam können Sie Lösungsmöglichkeiten suchen und das weitere Vorgehen planen. Führen Sie ein Mobbing-Tagebuch, in das Sie alle Angriffe eintragen und beschreiben, wie diese auf Sie wirken. Sollten Sie in Ihrem Betrieb keine Ansprechperson finden, können Sie auch eine Mobbingberatungsstelle, eine Selbsthilfegruppe oder Ihre Gewerkschaft aufsuchen. Ist das Mobbing schon recht fortgeschritten, nehmen Sie sich, wenn möglich, eine Auszeit, um eine Verschärfung der Situation zu vermeiden, bis Sie sich im Klaren über die Hilfe- und Lösungsmöglichkeiten sind.


2 global durchgeführte Studie mit 75.000 Befragten von Llyod und Gallup.

1 Statista 2023