Hohes Burnout-Risiko für Einzelkämpfer und Perfektionisten
„Jessica sieht gestresst aus.“ Dachte Cornelia, als sie die Küche betrat. Ihre Schwester war eine echte Perfektionistin: eine perfekte Mutter und Ehefrau, eine tolle Karrierefrau … aber immer gestresst und angespannt. Sie machte sich Sorgen. „Deine Kollegen singen im Garten gerade ein echtes Loblied auf die Firmenfeier, die Du organisiert hast.“ begrüßte sie ihre Schwester, die nun noch die letzten Häppchen für die soeben begonnene Geburtstagsfeier richtete. „Soll ich Dir noch etwas helfen?“ – „Naja, ist doch als Assistentin der Geschäftsleitung auch mein Job. Alles gut, ich bin fast fertig. Dankeschön!“ antwortete Jessica. „Was sagen sie denn?“ fragte sie zurück.
„Naja, dass alles gewohnt toll organisiert war, der Programmablauf schön und abwechslungsreich, die Musiker ganz gut ausgesucht … und dass Du mal wieder alles alleine gemacht hast.“ Cornelia machte eine kleine Pause und beobachtete ihre lächelnde Schwester, die das Lob sichtlich aufsaugte, als wäre es ein Energiespender. Dann fuhr sie fort und dabei einige Servierten faltete: „Einmal fiel sogar der Satz ‚Die Firmenfeier war vollkommen durchge-jessica-t!“
Jessica blickte auf. Fast monoton nahm sie Cornelia die Servierte aus der Hand und faltete sie neu, bevor sie sie auf den Stapel legte. „Das ist ein Kompliment, nicht wahr?“ fragte sie unsicher. „Wie man es nimmt. Der Unterton von Ramona war schon ein wenig … sagen wir: speziell. Ich weiß ja, dass Ihr euch normalerweise gut versteht. Aber sie hätte wohl auch gerne etwas zur Firmenfeier beigetragen.“ gab Cornelia zurück. Spontan nahm sie die gefaltete Servierte und verknuddelte sie, um sie anschließend mit einem Blick auf ihre Schwester wieder auf den Stapel zu legen. Sie sah, wie Jessica zuckte. Mit der Hand in die Richtung der geknautschten Servierte, im Augenlid, das sich mit funkelnden Tränen zu füllen begann.
In diesem Moment sackte Jessica auf den Stuhl und Cornelia ging schnell zu ihr rüber, um sie in den Arm zu nehmen. „Schwesterherz, Du machst Dich mit Deinem Perfektionsanspruch noch kaputt! Du musst nicht immer alles alleine machen, damit es richtig gemacht wird.“ – „Aber wenn ich es nicht mache …“ versuchte Jessica zu protestieren, wurde jedoch umgehend von Cornelia unterbrochen: “ … dann macht es ein anderer und vielleicht auch anders als Du. Aber gemacht wird es. Es würde Dir helfen, andere mal um Hilfe zu bitten. Und das meine ich nicht nur in Bezug auf das Arbeitspensum.“
„Ich wüsste gar nicht, wie ich das anfangen soll.“ seufzte Jessica genau in dem Moment, als Ramona die Küche betrat. „Ich wollte mal schauen, wo das Geburtstagkind abgeblieben ist. Sie kann ja nicht immer nur arbeiten!“ grinste sie, hielt jedoch inne, als sie die Situation erfasste. „Ist etwas passiert?“ – „Noch nicht,“ gab Cornelia zurück, „aber ich hoffe, jetzt gleich.“ Sie stubste Jessica an. Das Geburtstagkind holte tief Luft und fragte unsicher: „Ramona, ich glaube, nach der Organisation von der Firmenfeier und jetzt meinem Geburtstag ist mir alles etwas viel geworden. Würdest Du mich heute Abend zusammen mit meiner Schwester ein wenig unterstützen, die Gäste zu bewirten?“ – „Aber klar!“ strahlte Ramona. „Das wäre mir sogar eine große Freude. Immerhin weiß ich, dass Du nicht jedem die Übernahme von wichtigen Aufgaben zutraust. Und ich versprech Dir, wir machen den Abend zum perfekten Geburtstag für Dich!“
Hilfe erbitten und Deligieren lernen als Selbstschutz
Hohe Selbstansprüche, ein leistungsorientiertes Wertesystem und der Wunsch nach Perfektion verleiten ehrgeizige Menschen mitunter dazu, alle wichtigen Aufgaben selbst erledigen zu wollen. Kommen Unsicherheit und ein reduziertes Selbstwertgefühl hinzu, kann dies dazu führen, dass die Prioritäten von Aufgaben nicht mehr als solche erkannt werden. Der Mensch beginnt, alle anfallenden Tätigkeiten selbst zu übernehmen, und verlernt, die Unterstützung von anderen anzunehmen oder gar zu erbitten, um den eigenen Kräftehaushalt zu schonen.
Besonders Menschen, die in ihrem Beruf eine hohe Eigenverantwortung haben, neigen dazu, diese Eigenverantwortung als Einzelkämpfer auszuleben und regelrecht zu zelebrieren. Dieses „alleine Arbeiten“ führt jedoch zu einem dauerhaft hohen Arbeitspensum mit dem stetig hohen Selbstanspruch, alles „richtig“ und herausragend machen zu wollen. Hierdurch steigt entsprechend auch das Risiko für einen Burnout, da die Zeit für die Regeneration schlichtweg fehlt. Häufig übernehmen die Betroffenen diese Verhaltensweisen aus dem Arbeitsleben auch in das private Umfeld. Berufstätige Mütter sind in dieser Personengruppe sicherlich oft vertreten, doch auch Manager, Lehrer oder Selbständige können dazu neigen, auf zielführende Unterstützung zu verzichten.
Lernen Sie zum Eigenschutz und die Selbstfürsorge, sich nicht nur gut zu organisieren, sondern auch an angemessenen Stellen Hilfe anzunehmen oder Aufgaben zu delegieren. Bauen Sie sich ein gutes Netzwerk an Zuarbeitern, denen Sie vertrauen, um der Gefahr eines Burnouts aus dem Weg zu gehen oder im Fall der Erkrankung schnellstmöglich auf den Weg der Genesung zu finden.