Warum Fasten nicht nur Verzicht bedeutet, sondern uns zu körperlicher und psychischer Bestform verhelfen kann.

Am kommenden Ostersamstag ist es endlich so weit. Die christliche Fastenzeit endet. Mist – in diesem Jahr schon wieder nicht gefastet, sondern nach Karneval einfach weitergemacht wie zuvor? Schade! Denn Fasten ist die ideale Mind-Body-Medicine: es macht Veränderungen spürbar, zeigt uns unsere innere Stärke und hilft sogar bei Depressionen.

Fasten fängt im Kleinen an

Besonders bei jungen Menschen liegt Fasten voll im Trend. 76 Prozent der unter 30-Jährigen halten einen Verzicht auf Genussmittel und Konsum für sinnvoll. Das ist das Ergebnis einer deutschlandweiten repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit. Dabei muss nicht immer die vollständige Abstinenz – im Sinne des Heilfastens oder des muslimischen Ramadans – praktiziert werden. Die Top 3 der Verzichtsliste 2024 bilden, laut DAK, Alkohol (77 %), Süßigkeiten (72 %) und Fleisch (54 %).

Fasten – Detox für Körper & Seele

Die Psychologie des Fastens ist vielfältig und spielt sich auf mehreren Ebenen ab: Zum einen die körperlichen Veränderungen, die sich direkt auf die Psyche auswirken. Zum anderen das befriedigende Erfolgserlebnis, das Fasten zu meistern. Und schließlich die Erfahrung des Verzichtes, der uns durch das Gefühl der Selbstkontrolle glücklicher machen kann.

Untersuchungen zeigen, dass eine um 20 bis 30 Prozent gezügelte Kalorienzufuhr die Menge bestimmter Entzündungsmarker im Blut reduziert. Das Risiko für entzündliche, metabolische, autoimmunologische und neurologische Erkrankungen

lässt sich somit durch zeit- bzw. teilweisen Nahrungsverzicht nachweislich senken. Vom Verzicht auf Alkohol und Tabak einmal ganz abgesehen. Durch die Befreiung des Körpers von Giftstoffen, erhält das Gehirn Zugang zu einem saubereren Blutkreislauf. Die Folge: unsere Gedanken werden klarer, unser Gedächtnis besser und unsere Sinne geschärft. Mark Mattson ist Professor für Neurowissenschaften am Johns Hopkins Bayview Medical Center in Baltimore. Er hat festgestellt, dass beim Fasten außerdem neue Zellen entstehen. Bei jeglicher Herausforderung für das Gehirn – sei es nun eine eingeschränkte Kalorienzufuhr, Sport oder schwierige kognitive Aufgaben – wird das basische Protein BDNF produziert. Dieses stärkt die Synapsen und regt die Bildung neuer Nervenzellen an.

Fasten macht glücklich

Essen macht glücklich, nichts essen auch: Fasten kann dabei helfen, unsere Stimmung und unser Wohlbefinden zu steigern. Denn beim Fasten schüttet der Körper jede Menge Botenstoffe aus, die die Laune anheben und wie eine Art Antidepressivum wirken: Endorphine, Dopamin, Serotonin. Vermutlich ein übrig gebliebener Motivationsmechanismus des Körpers aus vergangenen Zeiten. So ist sichergestellt, dass man sich bei akuter Nahrungsknappheit nicht schlecht gelaunt zurückzieht und verhungert, sondern stattdessen lieber frohen Mutes auf die Jagd geht. 

Darüber hinaus erfüllt uns das Erfolgserlebnis der Selbstdisziplin mit Glück: wenn wir uns ein persönliches Ziel setzen, für das wir jedoch erst in der Zukunft belohnt werden, wird – anders als beim impulsgesteuerten Biss in die Schokolade – unser langfristiges Belohnungssystem angesprochen. Der verlockende Biss in die Schokolade spricht dagegen unser mesolimbisches System an und sorgt binnen Sekunden für eine erhöhte Dopaminausschüttung. Die Folge: wir fühlen uns glücklich – zumindest für den Moment, bis uns das schlechte Gewissen einholt. Geben wir diesem Impuls nicht nach, sondern verfolgen diszipliniert unser langfristig gesetztes Ziel, kann uns diese Art der Selbstkontorolle glücklich machen, wie eine Studie aus dem Jahr 2013 belegt. Um die volle Wirkung des Fastens zu erleben, ist es daher wichtig, nicht zu schummeln. Sprich auf der einen Seite zwar den Alkohol wegzulassen, dafür aber doppelt so viel Schokolade zu essen. Nur so kommen wir in den Genuss, das Erfolgserlebnis der Selbstkontrolle auch zu spüren. Wer auf „Nummer sicher“ gehen möchte und es sich zutraut, kann mit dem sogenannten Heilfasten in die Königsklasse des Fastens aufsteigen.

Heilfasten – die Königsklasse

Ein paar Tage lang muss man eisern sein, dann aber kommt die Euphorie. Besonders aus psychologischer Sicht lassen sich durch das Heilfasten oft ganze Berge versetzen. Hintergrund ist, dass beim Heilfasten durch den vollständigen Verzicht auf feste Nahrung unser Darm komplett gereinigt wird und unser Mikrobiombei einer bestehenden Dysbalance so die Chance erhält, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Zahlreiche Studien belegen: die Verbindung zwischen Gehirn und Verdauungstrakt, die sogenannte Darm-Hirn-Connection, spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Emotionen. Beim Heilfasten lässt sich durch die vollständige Entgiftung unseres Körpers, relativ schnell eine Reinigung der Seele einleiten. In den ersten ein bis zwei Tagen sind die meisten müde, fühlen sich unwohl oder haben Kopfweh. Ist diese Phase überstanden und der Körper hat sich an das Fasten gewöhnt, folgt die „innere Entrümpelung“ und ein euphorisches Stimmungshoch. Gewisse Dinge, wie beispielsweise verdrängte, traumatische Erlebnisse und deren Folgen für die eigene Psyche, sehen viele dann plötzlich klar vor Augen – als ob eine dicke Nebelwand weggeschoben würde.

Spirituelle Meister der Selbstkontrolle

In vielen Kulturen wird das Fasten zur Erlangung transzendentaler Bewusstseinszustände im Rahmen religiöser oder spiritueller Handlungen angewendet. Wie uns der temporäre Verzicht bzw. Entzug die Tür zu neuen Sphären der Selbstkontrolle und somit zu einer, uns bis dato unbekannten, Bestform öffnen kann, zeigen uns beispielsweise die großen Shaolin Meister. Selbst religiöse Gebräuche wie unsere vorösterliche Fastenperiode oder der islamische Ramadan scheinen auf der empirischen Erfahrung dieser biologischen Effekte zu beruhen.

Unsere Quellen:

https://www.zeit.de/zeit-wissen/2010/05/Iss-dich-gluecklich/seite-4#:~:text=Beim%20Fasten%20schüttet%20der%20Körper,Neuverschaltung%20der%20Nervenzellen%20wird%20angeregt.

https://www.ugb.de/richtig-fasten/neurobiologische-effekte-psychische-auswirkungen-fastens/

https://www.welt.de/kmpkt/article167736406/So-wirkt-sich-Fasten-auf-deine-Psyche-aus.html

https://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/psychologie-des-fastens-in-fastenzeiten-nehmen-sich-menschen-mehr-zeit-a-957209.html

https://www.presseportal.de/pm/50313/5713785 (DAK Gesundheit)