Die Krise bewirkt, dass wir selbst mehr in unserem eigenen Rampenlicht stehen.
Während der persönliche Kontakt nach außen zwangsläufig abnimmt, sind wir mehr mit uns selbst beschäftigt. Wer sind wir eigentlich? Was macht uns aus? Worüber können wir uns (noch) freuen? Nicht selten entwickeln Menschen in solchen Krisensituationen, wie aktuell der Corona-Pandemie, eine Depression.
Die intensive Beschäftigung mit einem selbst bewirkt auch, dass viele Menschen verstärkt über sich und ihre nahen Beziehungen nachdenken. Konflikte werden verschärft wahrgenommen, insbesondere wenn wir die gewohnten Abläufe verlassen und beispielsweise durch Home-working oder Home-schooling zu Hause aufeinandertreffen. Hier zeigt sich: Ist Corona eine Chance für unsere Beziehungen und uns persönlich oder zeigt uns die Isolierung, dass wir möglicherweise schon länger nicht mehr zusammenpassen und uns bislang nur aus dem Wege gehen konnten oder uns selbst gar nicht mehr gut kennen?
Generell denken wir verstärkt über Beziehungen nach. Welche hat man schon lange Zeit nicht mehr gepflegt? Wie geht es diesen einst wichtigen Menschen in der Coronakrise? Sind sie gesund oder leiden sie oder ihre Familien bereits unter dem Virus? Zudem werden wir damit konfrontiert zu überlegen, welche Menschen für uns so wichtig sind, dass auf ein Treffen mit ihnen nicht verzichtet werden kann oder aufgrund gesundheitlicher Belange nicht sollte.
Auf der anderen Seite muss auch über alltägliche Dinge nachgedacht und entschieden werden. Wann geht man einkaufen und setzt sich womöglich einem Risiko aus? Zu welchen Risiken setzt man sich mit anderen Personen auseinander?
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat uns gewarnt, dass nach den Weihnachtsglocken möglicherweise kurze Zeit später die Todesglocken klingen könnten. Selbst am Fest der Liebe muss also plötzlich entschieden werden wen man sehen und umarmen und wem man nur im Geiste begegnen kann. Dabei kann es sogar sinnvoll sein bei sehr nahen Beziehungen den Kontakt aufgrund des Ansteckungsrisikos zu unterlassen. Eine schwere Entscheidung, deren Risiko im konkreten Falle einfach nicht einschätzbar ist.
Täglich fällt in den Krankenhäusern wichtiges Pflegepersonal aus, das sich aufgrund einer Coronaansteckung isolieren oder sich selbst in Pflege begeben muss. Letztens traf ich eine Frau, die im Krankenhaus arbeitet. „Zum Glück arbeite ich nur im Labor“, sagte sie zu mir. „Denn ich kriege genau mit, dass Patienten, um die vier Wochen gekämpft wird, schließlich doch versterben. Das würde ich live nicht aushalten.“ Corona ist somit zu einem kollektiven Trauma geworden, an dem viele Menschen zu ihren ohnehin vorhandenen (psychischen) Problemen verzweifeln. Und wie viele Menschen riskieren tagein tagaus ihr eigenes Leben um anderen zu helfen und diese zu pflegen? Doch was passiert, wenn die Kanzlerin Recht hat, wenn wir also zu unvernünftig waren um uns in der Krise selbst zu begrenzen, zu zügeln und zu regulieren und sich schließlich noch ein viel gewaltigeres Trauma vor uns ausbreitet?
Es ist nicht auszudenken, wie viele Menschen sich dann anstecken und was dies für unser Gesundheitssystem und die vollen Intensivstationen bedeuten würde.
Und dennoch hilft es uns mit Ruhe und Umsicht unser Leben weiterzuführen.
Hier sind einige Strategien, wie Sie die Corona-Zeit gesünder überstehen und einer krisenbedingten Depression entgehen können:
- Denken Sie daran, dass Sie wertvolle Zeit vergeuden, wenn ihre Gedanken die ganze Zeit um Corona und die Infektionszahlen kreisen. Klar, dass dies ihre Stimmung trübt!
- Wenn Sie durch die Berichte zu große Ängste bekommen, schauen sie höchstens eine Nachrichtensendung pro Tag oder setzen Sie bewusst ganz aus. Ihre Umgebung wird Sie ohnehin über Wichtiges informieren.
- Auch Virtuelles kann und darf Sie nerven! Falls möglich, nehmen Sie sich einen Tag vor, an dem Sie sich einmal Off-Line befinden & dafür mehr im Hier und Jetzt leben.
- Anstatt eine weitere Sendung über Corona zu schauen: Würde Ihnen eine 5-Minuten Meditation gefallen? Nehmen Sie dazu eine bequeme Position ein und atmen Sie tief durch die Nase ein und aus. Beobachten Sie, wie Ihr Atem sanft kommt und geht. Versuchen Sie nun auch ein paar Atemzüge tief in den Bauchraum und sagen Sie sich: „Ich atme alles Belastende aus und Positives ein.“ Stellen Sie sich beim Ausatmen auch vor, wie sie sich immer mehr entspannen.
- Musik aktiviert auch die schönen Erinnerungen. Wie wäre es mit dem Weihnachtsoratorium von Bach oder auch alten CDs, die Sie lange nicht mehr gehört haben? Schreiben Sie auf an welche positiven oder intensiven Momente und Situationen der Vergangenheit sie erinnert werden.
- Sortieren von Bildern: Vermutlich haben Sie in den vergangenen Jahren viele Bilder mit dem Smartphone gemacht: Wie wäre es einmal einen eigenen Kalender von 2021 herzustellen oder die Bilder einmal für bestimmte Personen auszusortieren und sie ihnen dann in einem kleinen Album zu schenken?
- Tagebuch schreiben: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Wenn Sie dies aufschreiben, denken Sie dabei daran, wie sie einmal Ihrem Enkel oder Urenkel von der Corona-Zeit vorlesen werden…
- Selbst wenn es Ihnen nicht danach sein sollte: Lächeln Sie bewusst mehrmals täglich. Am besten beginnen Sie bereits mit dem Grinsen beim Haarkämmen am Morgen. Die sogenannte Facial-Feedback-Hypothese besagt, dass ein Lächeln und die damit veränderte Mimik auf unser Gehirn rückwirken und positive Emotionen erzeugen können.
- Nutzen Sie die Gelegenheit um ihre Nächsten aufzuheitern: Tragen Sie beispielsweise der älteren Nachbarin mit Abstand natürlich ihre Einkäufe an die Türe oder beschenken Sie ihre Arbeitskollegin mit einer kleinen Tüte selbst gebackene Plätzchen.
- Dein Lieblingsgedicht, ein schöner Spruch oder auch ein kleines Bild: Wie wäre es, wenn Sie mit diesen Dingen ein Lächeln auf die Lippen ihres Gegenübers zaubern.
- Klar, dass Sie mit Gedanken wie „Es ist momentan dunkel und kalt und dann auch noch Corona“ nicht glücklicher werden und so auch keine handfeste Depression behandeln können. Versuchen Sie aber dennoch, bewusst Positives wahrzunehmen – auch in Bezug auf das Thema Corona. Sagen Sie sich beispielsweise, dass bald Impfungen bereitstehen.