Wer an einer Depression erkrankt, verliert die Freude an fast allem – auch an der Intimität mit dem Partner. Für die Ehe und Paarbeziehung kann das eine zusätzliche Belastung bedeuten. Wie sich bei Depressionen der Sex verändert und warum Sie keine Angst vor einem Libidoverlust haben müssen, lesen Sie hier!
Zu den häufigen Symptomen einer Depression gehört in 80 bis 90 % der Fälle eine sexuelle Anhedonie und damit verbunden der Libidoverlust. Die Anhedonie als solche bezeichnet allgemein die Unfähigkeit, Lust oder Freude an etwas zu empfinden, das zuvor noch Freude bereitete. Oft hat dies auch einen Rückzug des Partners zufolge sowie sexuelle Dysfunktionen, die durch selbst gemachten Druck entstehen oder mögliche Nebenwirkungen eingesetzter Psychopharmaka sind. Die daraus resultierende Belastung ist für den Erkrankten ebenso wie für den Partner eine Herausforderung.
Wie beeinflusst eine Depression den Sex?
Depressionen schränken die generelle Lebensqualität sehr ein. Zumeist ausgelöst durch Veränderungen im Neurotransmitterhaushalt wirkt sich die Erkrankung maßgeblich auf alle Arten von Emotionen und deren Erleben aus. Auch der Hormonstoffwechsel gerät bei einer Depression aus den Fugen. Doch sowohl Hormone als auch Neurotransmitter, die beide an unserem Lusterleben beteiligt sind, sind für unsere Sexualität essenziell. Typische Symptome einer Depression wie Freudlosigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit werden also oft begleitet durch die Unlust an der körperlichen Liebe. Zudem reagiert der Körper kaum noch oder anders als gewohnt auf die körperliche Nähe des Partners. So geht die sexuelle Unlust der Frau dann z.B. mit Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Sex einher oder äußert sich beim Mann in Erektionsstörungen. Andererseits kann trotz empfundener Lust die Orgasmusfähigkeit bei einer durch depressiv bedingten Anhedonie eingeschränkt sein, wenn das mentale „Loslassen“ während dem Geschlechtsakt nicht gelingt.
Die daraus resultierende Unzufriedenheit mit Qualität und Frequenz des Sex bei einer Depression des Partners kann auf beiden Seiten der Beziehung zu schwerwiegenden Problemen führen, die in Arztgesprächen thematisiert und in der Therapie berücksichtigt werden sollten. Denn neben dem Libidoverlust als Symptom einer Depression kann dieser auch als mögliche Nebenwirkung eines Antidepressivums auftreten. So zögert beispielsweise Sertralin bei manchen den Höhepunkt hinaus.
Wie belastet der Libidoverlust bei Depressionen Sex und Partnerschaft?
Lang andauernde Probleme im Sexualleben wie durch Libidoverlust, also sexuelle Unlust bei Frau wie Mann, können die Partnerschaft vielfältig belasten. Allerdings anders als vielleicht gedacht. Denn oft ist es gar nicht der im Zuge einer Depressionen seltener stattfindende Sex per se, der die Beziehung beeinträchtigt, sondern der – oft sich selbst gemachte – Druck auf die Psyche und damit verbundene Selbstzweifel, wenn einer der Partner glaubt, die Erwartungen des Partners nicht erfüllen zu können. Tatsächlich wird ein Anspruch des Anderen vorweggenommen, der so hoch gar nicht ist. Während Frauen mitunter glauben, ihr Gegenüber würde gern häufiger Sex haben wollen, leiden Männer unter dem teils noch immer weit verbreiteten Bild einer von (sexueller) Leistungsfähigkeit abhängigen Männlichkeit. Nicht selten fühlt sich der Erkrankte dadurch unzureichend, hilflos und unfähig, den Partner zu befriedigen. Der Partner hingegen bezieht ohne das nötige Wissen um die gegenseitigen Auswirkungen von Depression und Sex die mitunter fehlende Lust wiederum auf die eigene (vermeintlich fehlende) Attraktivität.
Kennt der Partner die Situation eines depressiv Erkrankten nicht aus eigener Erfahrung, verbirgt sich durch Missverständnisse und unzureichende Gespräche über die individuellen Empfindungen ein großes Konfliktpotenzial. Hierdurch kann eine vorhandene Depression verstärkt oder eine verklungene depressive Episode neu ausgelöst werden. Es ist also ebenso hilfreich wie wichtig, über die eigene (Un-)Lust, mögliche Gefühle von Unzulänglichkeit und den empfundenen Druck ohne Vorwürfe gegenüber dem Partner zu sprechen. Dies kann beispielsweise über Ich-Botschaften kommuniziert werden, welche die eigene Wahrnehmung vermitteln, ohne die „Schuld“ dem Anderen zuzuweisen. So wird das Verständnis füreinander gestärkt und die zwischenmenschliche Nähe zu einem Pfeiler gegenseitiger Unterstützung, die neue Formen von Geborgenheit und Vertrauen ermöglicht. Gleichzeitig verliert das Problem der sexuellen Anhedonie seinen Schrecken; die Belastung durch den Libidoverlust für den Erkrankten und den Partner verringert sich. Entsprechend wichtig ist die offene Kommunikation auch zwischen dem Klienten und den behandelnden Ärzten.
Warum ist Kommunikation bei Depressionen über Sexualität hinaus so wichtig?
Frühe Kommunikation ist auch deshalb so entscheidend, weil sie zusätzliche, aber vermeidbare Belastungen für Psyche und Paarbeziehung reduziert. Denn die Bewältigung des Alltags samt Job, Haushalt und womöglich Kindern stellt für den depressiv Erkrankten und dessen Partner ohnehin eine enorme Herausforderung dar.
Leben Sie in einer Beziehung, in der durch Sie oder Ihren Partner die Depression den Sex beeinträchtigt, sprechen Sie mit dem behandelnden Arzt über mögliche Lösungen. Bemühen Sie sich beiderseits um Verständnis und Offenheit, damit Genesung und Partnerschaft wechselseitig voneinander profitieren, statt unter der Last erschwert zu werden. Liegt die Ursache für die sexuelle Anhedonie in der medikamentösen Therapie, können Änderungen der Medikation hilfreich sein. Auch Entspannungsübungen, eine Einbeziehung des gesunden Partners in die Therapiegespräche und andere Optionen können die Folgen von Libidoverlust mildern und neue Wege eröffnen. Auch in unserer Schlossparkklinik Dirmstein bieten wir im Rahmen der Therapie Partnergespräche an, um Sie bei Herausforderungen zu begleiten und Ihnen bei der Bewältigung von Problemen in Ihrem Beziehungsalltag zur Seite zu stehen.
Was mich persönlich stört, ist die Tatsache, dass es beim Thema Intimität und Probleme in der Beziehung, die damit zu tun haben, fast immer nur um Sex geht, was mir aber zu kurz gegriffen ist! Meine Frau hat seit Jahren nicht nur jegliche Lust auf Sex verloren, sondern verweigert auch Dinge wie eine körperliche Berührung, Zärtlichkeit, Streicheln oder Kuscheln. Unsere Intimität beschränkt sich nur noch auf Küsschen oder Händchenhalten, was mir persönlich zu wenig ist. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass körperliche Berührungen von meiner Frau inzwischen generell als unangenehm empfunden werden, obwohl das in den ersten Jahren unserer Beziehung vor 15 Jahren kein Thema war – ganz im Gegenteil! Die Krux ist, dass Dinge wie Verlangen oder Lust auf Zärtlichkeit nicht verordnet oder herbeigezaubert werden können. Entweder sie sind da, oder eben nicht. Punkt! Daran ändern auch Paargespräche kaum etwas, auch wenn sie noch so einfühlsam vonstatten gehen, da sich derjenige, der verweigert, unter Druck gesetzt fühlt und ein schlechtes Gewissen gegenüber seinem Partner bekommt. Und das macht die Sache nicht eben besser! Und was ist das für eine Intimität, die nur gezeigt wird, um den Partner zufrieden zu stellen, ohne dass man selbst Gefühle verspürt?
Die Bedeutung der offenen Kommunikation in einer Beziehung wird oft unterschätzt, besonders wenn es um sensiblere Themen wie Sexualität und Depression geht. Meine Frau hat während einer depressiven Episode ebenfalls unter sexueller Unlust gelitten und hat oft damit gekämpft, das Thema anzusprechen. Allerdings haben wir uns dazu entschieden, offen miteinander zu sprechen und unsere Empfindungen zu teilen, ohne einander Vorwürfe zu machen. Das hat uns geholfen, einander besser zu verstehen und zu unterstützen. Es ist wichtig, dass depressive Symptome in einer Beziehung angesprochen werden, um unvermeidliche Belastungen zu reduzieren und mögliche Lösungen zu finden. Es gibt verschiedene Optionen wie Entspannungsübungen und Partnertherapie, die zur Verbesserung der Libido beitragen können. Ich denke, dass offene Kommunikation, Verständnis und Empathie der Schlüssel zur Erhaltung einer stabilen und erfüllenden Beziehung sind, auch wenn diese durch sexuelle Unlust belastet wird.