Während der Karriere entwickelt jeder individuelle Handlungsmuster, um mit Druck und Belastung umzugehen – sogenannte Coping-Strategien. Manche setzen auf Bewegung und Auszeiten, andere hingegen greifen zu Fast Food oder häufen Überstunden an. Doch der bewusste Blick auf das eigene Stressverhalten lohnt sich. Denn Leistungsfähigkeit braucht gesunde Gewohnheiten.
Chronischer Stress: ständig auf Hochtouren
Im Grunde ist Stress eine biologisch nachvollziehbare und sinnvolle Reaktion unseres Körpers, um Belastungssituationen zu bewältigen. Über die Ausschüttung von Stresshormonen wird der gesamte Organismus auf „Kampf“ oder „Flucht“ gepolt. Negative Folgen für die Gesundheit entstehen erst, wenn aus dem Ausnahme- ein Dauerzustand wird und der Körper ständig auf Hochtouren läuft. Häufige Symptome von negativem oder dauerhaftem Stress sind etwa:
- Erschöpfungszustände bis hin zur Erschöpfungsdepression (Burnout)
- Gereiztheit
- Häufige Infekte
- Kopf- oder Rückenschmerzen
- Müdigkeit
- Muskelverspannungen
- Schlafstörungen
- Sexuelle Unlust
- Verdauungsbeschwerden
- Zyklusstörungen
Coping: Stressbelastungen bewältigen
Ob bewusst oder unbewusst: Jeder hat die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen umzugehen und die Symptome von Stress zu lindern. Im Fachjargon spricht man von Coping (to cope: bewältigen, mit etwas umgehen). Der Begriff geht auf den amerikanischen Psychologen Richard S. Lazarus zurück, der mit seinem Team untersuchte, wie Menschen Stressbelastungen bewältigen können.
Die Forschung spricht in diesem Zusammenhang auch von Resilienz: Wer eine langfristig wirksame Bewältigungsstrategie gegen Stress gefunden hat, verfügt über die psychischen Widerstandskräfte, um sich von Krisen und schwierigen Lebenssituationen schnell zu erholen.
Richard S. Lazarus und sein Team identifizierten drei Arten von Coping bei Stress:
Problemorientiertes Coping:
Dabei versucht man, an der Belastungssituation selbst etwas zu ändern. Wer im Büro laufend Überstunden anhäuft, kann beispielsweise einen Teil der Aufgaben delegieren.
Emotionsorientiertes Coping:
Statt die Situation selbst zu verändern, liegt der Fokus darauf, mit den stressbedingten Gefühlen umzugehen. Emotionen wie Ärger, Frustration oder Angst sollen dabei so reguliert werden, dass sie weniger belastend wirken.
Bewertungsorientiertes Coping:
Stress ist oft auch eine Sache der inneren Einstellung. Wer einen Vortrag, ein Projekt oder ein Vorstellungsgespräch als Aufgabe und weniger als Problem begreift, setzt Energien zur Bewältigung der Situation frei.
Coping-Strategien: Schädlich oder sinnvoll
Alle drei Strategien können sowohl sinnvolle und gesundheitsfördernde als auch schädliche Auswirkungen haben. Generell sind alle Handlungsmuster problematisch, die zwar kurzfristig die Symptome von Stress reduzieren, langfristig jedoch die körperliche und psychische Widerstandskraft schwächen.
Maßvoller Sport oder Entspannungsübungen etwa sind ausgezeichnete Beispiele für emotionsorientiertes Coping. Kurzfristig können jedoch auch Genussmittel wie Alkohol, Tabak oder fett- und zuckerreiches Essen unangenehme Gefühle drosseln – ineffektives Coping. Auf Dauer kann das gesundheitliche Probleme hervorrufen und geht auch an der Psyche nicht spurlos vorüber. Viele Menschen kämpfen wegen ihres Alkoholkonsums oder ihrer ungesunden Ernährung mit Scham- oder Schuldgefühlen. Das verursacht mittelfristig zusätzlichen inneren Stress.
Ein weiteres problematisches und häufiges Muster ist es, seine Kräfte so sehr auf die Arbeit zu fokussieren, dass für Freizeitaktivitäten kaum noch Platz ist – sowohl zeitlich als auch mental, weil sie scheinbar zusätzliche Energie kosten. Der langfristige Schaden dieser Strategie (weniger soziale Kontakte, kaum positive private Erlebnisse) ist immens. Sozialer Rückzug und ein immer höheres Arbeitspensum, vielleicht verbunden mit Schlafentzug und Genussmittel-Missbrauch, sind typische Elemente einer Abwärtsspirale, die nicht selten in eine Erschöpfungsdepression (Burnout) mündet.
Sinnvoll ist jede Bewältigungsstrategie, die Stress nicht nur kurzfristig abbaut, sondern die Resilienz fördert:
- Aufgaben delegieren
- Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen
- Gartenarbeit
- Konflikte ansprechen anstatt verdrängen
- Kreative Tätigkeiten
- Soziale Kontakte
- Sport und Bewegung als Ausgleich
- Stressfördernde Werthaltungen (wie Perfektionismus) hinterfragen
- Zeitfresser aus dem Alltag eliminieren
Coping erlernen: Eine Frage des Wollens
Sinnvolle Coping-Strategien bei Stress anzuwenden, ist keine Frage des Alters, sondern lässt sich erlernen. Der erste Schritt ist eine ehrliche Bestandsaufnahme, welche bisherigen Bewältigungsstrategien sinnvoll waren und welche nicht. Manchmal braucht es dazu etwas Unterstützung von außen, etwa durch Coachings oder eine Therapie. Neue Strategien, etwa Entspannungs- oder Achtsamkeitsübungen, können sich anfangs ungewohnt anfühlen und bringen vielleicht nicht vom ersten Moment an den erhofften Effekt. Langfristig profitiert man aber von diesen Methoden und macht sich widerstandsfähiger gegen Stress.
Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag erschien erstmals am 02. August 2022 und wurde aktualisiert.