Leide ich an Burnout, bin ich depressiv oder etwa beides? Warum eine zutreffende Diagnose so entscheidend für den Behandlungserfolg ist.
Fühlen Sie sich ständig antriebslos, gereizt oder erschöpft? Haben Sie Probleme sich tagsüber zu konzentrieren und finden nachts keine Ruhe? Entgleist Ihnen Ihr Alltag immer mehr? Dann leiden Sie möglicherweise an einem Burnout. Oder vielleicht doch an einer Depression? Die Abgrenzung zwischen den beiden Syndromen fällt auf den ersten Blick nämlich gar nicht so leicht. Für eine adäquate Behandlung ist sie jedoch maßgeblich. Denn was bei einem Burnout hilft, kann bei einer Depression genau das Gegenteil bewirken.
Burnout oder Depression? Worin liegt der Unterschied?
Im Gegensatz zum Burnout ist die Depression eine von der Weltgesundheitsorganisation offiziell anerkannte Krankheit, an der allein in Deutschland rund fünf Millionen Menschen leiden. Liegen über zwei Wochen oder länger mindestens fünf Symptome, darunter mindestens ein Hauptsymptom vor, wird die Diagnose Depression gestellt. Unterteilt wird in leichte, mittelschwere und schwere Depression. [1]
So liegt nach dem internationalen Klassifikationssystem ICD-10 (International Classification of Diseases) eine leichte depressive Episode vor, wenn mindestens zwei Hauptsymptome wie depressive Stimmung und Interessenverlust sowie zwei Zusatzsymptome wie z.B. Schuldgefühle und Schlafstörungen auftreten.
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Deutsche Depressionshilfe
Ein Burnout ist dagegen keine offiziell anerkannte Krankheit und wird häufig als Zusatzdiagnose, bspw. im Rahmen einer depressiven Episode, gestellt. Es handelt sich dabei um ein Syndrom der emotionalen Erschöpfung, der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsbewusstseins und der reduzierten persönlichen Leistung (Maslach et al 2001). Seine Ursachen liegen laut WHO in Belastungen am Arbeitsplatz, die nicht erfolgreich bewältigt werden können. Doch auch Stress durch alltägliche Anforderungen wie die Kindererziehung, Pflege von Angehörigen oder Hausarbeit können zu einem Burnout führen.
Während ein Burnout auf äußere Faktoren und einen chronischen Überlastungszustand zurückzuführen ist, kann bei einer Depression auch die genetische Veranlagung eine große Rolle spielen. Liegt diese vor, rutschen die Betroffenen in der Regel immer wieder in depressive Krankheitsphasen. Darüber hinaus kommt es bei Menschen mit depressiver Veranlagung vor, dass äußere Faktoren wie berufliche Überforderung als Trigger für eine depressive Episode wirken. Dies macht die Abgrenzung von Burnout und Depression umso schwieriger.
Stigmata – Besser überarbeitet als depressiv
Die AOK zählte 2022 durchschnittlich 6,8 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 1.000 Mitglieder aufgrund einer Burnout-Diagnose, Tendenz steigend.
Auch das Krankheitsvolumen dieser Diagnosegruppe ist zuletzt deutlich gestiegen: waren es 2005 noch 13,9 Krankheitstage registrierte die AOK 2022 durchschnittlich 159,8 AU-Tage je 1.000 Mitglieder. Hochgerechnet auf alle gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten ergeben sich daraus für 2022 rund 216.000 Burn-out-Betroffene mit kulminierten 5,3 Millionen Krankheitstagen.[2]
Doch Vorsicht: nicht selten versteckt sich hinter einem Burnout eine Depression. Hintergrund ist, dass es Betroffenen in unserer leistungsbezogenen Gesellschaft oft leichter fällt, aufgrund einer Burnout-Erkrankung, also einer chronischen Überlastung, den Arzt aufzusuchen, als sich einzugestehen, an einer Depression erkrankt zu sein. Hier liegt es in der Verantwortung des jeweiligen Facharztes, eine genaue Diagnose zu stellen. Denn: eine Fehleinschätzung, kann gravierende Folgen haben.
Schlafen ist die beste Medizin? Nicht immer!
Vier Wochen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, raus aus dem Hamsterrad und sich einfach mal so richtig ausruhen? Bei einem einfachen Burnoutsyndrom kann dies durchaus bereits zum entscheidenden Durchbruch verhelfen. Auch ein Jobwechsel ist denkbar. Bei einer Depression jedoch – und sei es auch „nur“ eine leichte – werden all diese Maßnahmen vermutlich im Sand verlaufen, solange die Krankheit nicht entsprechend – medikamentös oder mittels Psychotherapie – behandelt wurde. So kann es letzten Endes sein, dass ein Betroffener sich – in der Hoffnung auf nachhaltige Genesung – auf einen Wechsel zu einem schlechter bezahlten, augenscheinlich weniger stressigen Job einlässt. Holt ihn die Depression schließlich wieder ein – im denkbar ungünstigsten Fall noch während der Probezeit – ist die Person plötzlich wesentlich schlechter gestellt als noch zuvor. Auch zu viel Schlaf, kann bei einer Depression eher kontraproduktiv sein, wohingegen Schlafentzug eine deutlich antidepressive Wirkung haben kann. Eine genaue Diagnose ist somit umso wichtiger.
Chronisches Erschöpfungssyndrom vs. Depression – Symptome
Unruhe, Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Leistungsschwäche, Gefühle der Sinnlosigkeit – all diese Symptome können sowohl bei einer Depression als auch bei einem Burnout auftreten. Die Abgrenzung zwischen den beiden Syndromen fällt daher häufig schwer. Grundsätzlich wird ein Burnout eher kontextbezogen, das heißt mit Bezug auf eine Ursache, beschrieben, während Depressionen häufig auch kontextunabhängig diagnostiziert werden. Zudem gibt es Symptome, die spezifisch für das eine oder andere Krankheitsbild sind. So können ständige Nervosität und Gereiztheit eher auf ein Burnout hindeuten, während negative Emotionen bis hin zu Suizidgedanken eher typisch für eine Depression sind.
Fazit
Natürlich äußert sich eine Depression nicht sofort und auch nicht immer in Suizidgedanken. Ob Burnout oder Depression, unbehandelt münden beide für die Betroffenen jedoch meist in eine Abwärtsspirale.
Lassen Sie es nicht so weit kommen. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie an einem Burnout oder an einer Depression erkrankt sind, nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch. Erste Anlaufstellen sind in Deutschland der Hausarzt, der Facharzt für Psychiatrie oder Nervenheilkunde sowie der psychologische Psychotherapeut.
[1] https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/was-ist-eine-depression/diagnose-der-depression
[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/239872/umfrage/arbeitsunfaehigkeitsfaelle-aufgrund-von-burn-out-erkrankungen/