Studenten und junge Erwachsene – Teil 2
Du bist doch viel zu jung dafür!
Junge Menschen gelten als energiegeladen und leistungsfähig. Junge Menschen sollen immer Energie haben, schließlich seien sie noch jung und voller Kraft. Wenn jedoch die Leistungsfähigkeit nicht vorhanden ist und die Kräfte ohne sichtbare, körperliche Anstrengung schwinden, stehen schnell Beschreibungen wie „faul“ und „bequem“ im Raum. Dabei stehen Studenten und junge Erwachsene heute unter immensem Druck, um den hohen Anforderungen des Alltags gerecht zu werden. Ein Burnout ist daher auch bei jungen Menschen gar nicht so unwahrscheinlich.
Zwischen Studium, Nebenjob und gesellschaftlichem Engagement
Die Zeit der Jugend und dem Studium wird von vielen Erwachsenen nostalgisch verklärt: Die unbeschwerte scheint sich jedoch immer mehr in einen Mythos zu verwandeln: Laut Untersuchungen der Barmer Ersatzkassen stieg im Zeitraum von 2005 bis 2016 die Anzahl der 18- bis 25-jährigen mit psychischen Erkrankungen um rund 76 Prozent an. Leistungsdruck und Zukunftsängste gehen dabei mit den gestiegenen Anforderungen in unserer Gesellschaft einher: Gute Bildung mit Bestnoten, effiziente Zukunftsplanung sowie die Notwendigkeit einer optimalen Absicherung für das Alter sind auch jungen Menschen heute sehr bewusst.
Das Vorurteil vom „faulen Studenten, der neben Partys und Elternwochenenden nur ab und an einzelne Kurse besucht“ hält sich dennoch hartnäckig. Dabei gibt es heute viele Studenten, die sich neben dem Studium mit Nebenjobs selbst den Lebensunterhalt und die Studienkosten verdienen oder sich durch gesellschaftliches Engagement auszeichnen. Das Studium kostet nicht nur Anwesenheit, sondern ist im Rahmen der Zukunftsgestaltung und dem hohen Konkurrenzdruck auf dem späteren Arbeitsmarkt stets eine hohe Belastung, die in der Realität meist wenig mit Partyzeit zu tun hat. Auch berufstätige, junge Erwachsene sind meist sehr engagiert und vielfältig eingespannt. Sie bilden sich für die Karriere weiter, haben mitunter bereits einen eigenen Hausstand (mit oder ohne Kind) und sind stets bereit, aktiv an der Förderung des gesellschaftlichen Umfeldes mitzuwirken.
Treten in dieser Lebensphase gesundheitliche Probleme wie Depressionen und Burnout in diesem Alter auf, erleben die Betroffenen schnell Unverständnis: „Du bist doch viel zu jung dafür!“ oder „Dann musst Du Dir Deine Zeit besser einteilen!“ sind noch die harmlosen Äußerungen, die den Betroffenen entgegenschlagen. Der Zusammenhang zwischen der Systematik eines Burnouts und einer Belastung in jungen Jahren findet im gesellschaftlichen Bild der Jugend kaum einen Platz.
Diese Einstellung hängt jedoch meist mit der individuellen Meinung der älteren Generation zusammen, aus deren Quelle „die heutige Jugend ja (meist) auch nicht mehr das ist, was sie einmal war.“ Gerade ältere Generationen wuchsen mit der starken Tabuisierung psychischer Erkrankungen auf. Auch Denkmuster, dass jeder, der nur hart genug arbeite, etwas aus sich machen könne, sind weit verbreitet.
Trifft diese subjektive Meinung auf hohe Selbstansprüche, ein geringes Selbstwertgefühl und Komplexe, entsteht schnell ein verhängnisvoller Kreislauf: Ein junger Mensch beginnt dann gegebenenfalls sich selbst unter Druck setzen, bemüht sich darum, den gestellten Anforderungen des Umfeldes gerecht zu werden, oder versucht die gestellten Anforderungen für den Erhalt von Anerkennung zu übertreffen. Kommen zu diesem Selbstdruck bzw. dem Druck durch das persönliche Umfeld gesundheitliche Aspekte (z.B. Hormon- oder Stoffwechselstörungen), Schicksalsschläge wie Trennungen, Jobverlust oder der Verlust naher Angehörige hinzu, oder wird der Druck über einen zu langen Zeitraum aufrecht erhalten, wächst die Gefahr eines Burnouts.
Komplexe Zusammenhänge führen altersunabhängig in den Burnout
Der Gedanke an die gesunde und kraftvolle Jugend ist sicherlich schön, darf jedoch durch die komplexen Zusammenhänge im Alltag nicht als selbstverständlich angesehen werden. Bei folgenden Symptomen sollten Sie auch als junger Erwachsener das Gespräch mit einem Arzt Ihres Vertrauens suchen.
– stete Müdigkeit und Energielosigkeit
– fehlende Erholung nach der Nacht, schlechter Schlaf
– häufige Beschwerden mit unklarer Ursache (Kopf-, Bauch-, Rückenschmerzen)
– gereizte oder gedrückte Stimmung, die häufig und über einen längeren Zeitraum den Alltag prägt
– undefinierbare Gedankengänge, Grübeln, Gefühle von Sinnlosigkeit und Hoffnungslosigkeit
– erhöhtes Bedürfnis nach Anerkennung
– hohe Selbstansprüche und Eigenforderungen
– Verlust der Freude an Hobbys, sozialen Kontakten und Freizeitaktivitäten
Prüfen Sie daher regelmäßig Ihr persönliches Tagespensum und achten Sie auf regelmäßige Auszeiten für die mentale wie körperliche Erholung als Ausgleich. Merken Sie hingegen, dass Sie eine negative Gedankenspirale bis hin zu Suizidgedanken entwickeln, sollten Sie in jedem Fall zeitnah professionelle Unterstützung durch Ihren Arzt suchen.